RSF Bartholomä

Rennrad-Tour

Raid Pyreneen – Fernfahrt über fast 800 km vom Atlantik zum Mittelmeer vom 02.-10.09.2006

über 18 berühmte Pässe der französischen Pyrenäen


Klaus Maier beim Raid Pyreneen 2006
Liebe RSF!
Nach dem tollen Bericht von Dag erzähle ich Euch von einem anderen Event – dem Raid Pyreneen 2006 – in Südfrankreich, meinem Geburtstagsgeschenk von Karin zum 50. Geburtstag.
Der RP ist eine Fernfahrt über fast 800 Kilometer vom Atlantik zum Mittelmeer über 18 berühmte Pässe der französischen Pyrenäen. Organisiert hat sie Velo Travel in Karlsruhe. Als Höhepunkt gab es noch den Mont Ventoux in der Provence dazu!

Anreise, Samstag, 02.09.2006 und Sonntag, 03.09.2006:
Von Heubach nach Karlsruhe und über Tours nach Hendaye (50 km, ca. 700 Höhenmeter)

Abfahrt war am Samstag 2. September in Karlsruhe um 9.00 Uhr. Die neun Teilnehmer und zwei Begleiter bildeten wegen der gemeinsamen Interessen ein harmonisches Team und konnten sich auf der langen Fahrt schon gut kennen lernen. Das Alter lag zwischen Mitte 30 und 60. Die Herkunft reichte von Kiel, Hamburg, Düsseldorf, Frankfurt über Karlsruhe; Göppingen, Heubach bis in die Schweiz und USA. Im Mittelpunkt standen natürlich die Grundlügen der Radler: Nicht gut drauf, keine Kilometer dieses Jahr, kaum trainiert…

Die einzige böse Überraschung folgte prompt nach der Mittagspause in Dijon auf der Autobahn. Der Fiat Dukato (mit Radanhänger) gab den Geist auf. Es folgten neun Stunden an der Autobahn bis zwei Ersatzwagen organisiert waren. Andreé, unser Reiseleiter blieb sehr ruhig und schaffte es auch neun Fahrräder mit Gepäck und allen Vorräten auf die PKW zu verteilen. Gegen 23.00 Uhr waren wir dann unterwegs nach Tours unserer Zwischenstation.

Nach kurzer Nacht und einer weiteren langen Fahrt begann ab Bordeaux endlich sommerliche, südliche Stimmung, die wir während der gesamten Fernfahrt genießen durften. Gegen 16.00 Uhr bezogen wir das Hotel in Hendaye direkt am breiten Strand des Atlantischen Ozeans. Nach der Begrüßung von Jörg, der mit dem Flugzeug anreiste schwangen sich einige in die warmen Wogen des Meeres und andere in den Sattel zu einer kleinen Ausfahrt nach Spanien. Dort lockte der legendäre Schlussberg der San Sebastian Rundfahrt, der etwa 550 m hohe Jaizkibel mit schönen Kehren und einer phantastischen Aussicht auf den Atlantik und die westlichen Pyrenäenausläufer.

1. Tag, Montag, 04.09.2006: Hendaye – Oloron (168 km, 1.650 Höhenmeter)

Anderntags startete der eigentliche Raid pünktlich 9.30 Uhr. Das bedeutete die Ankunft musste vier Tage später um 13.30 am Mittelmeer in Cerbreré sein. Über eine wunderschöne etwas hügelige Küstenstraße führte der Weg über dem Ozean nach St. Jean de Luz und von dort über ruhige Landstraßen in die Vorberge der Pyrenäen. Die Höhenprofile lasen sich auf unserer Karte noch recht harmlos, gerechnet von der Meereshöhe kosteten die wenigen hundert Meter hohen Steigungen aber auch schon Kraft. Mit der Zeit harmonierte die Gruppe immer besser und das Tempo verschärfte sich zusehends. Die erste Bergwertung brachte der Col de Osquich, danach ging es in schneller Fahrt zum Quartier in Oloron. Dort war man sehr um uns bemüht. Nächstes Jahr logieren zwei Mannschaften der Tour de France in diesem Hotel. Die Managerin zeigte wie gut Radfahrer beherbergt und verköstigt werden.

"Stierkampf" (unblutig)

2. Tag, Dienstag, 05.09.2006: Oloron – St. Marie de Campan (153 km, 4.050 Höhenmeter)

Heute ist die Königsetappe! Nach 18 km ging es mit dem sehr steilen Col de Marieblanque (1.035 m mit ca. 800 hm) über romantische Schluchten und ruhige enge Gebirgsstraßen los. Es folgte mit dem Col d´Aubisque (1.710 m) ein sehr schöner Berg, gut ausgeschildert, unten angenehm steigend, oben steil und hochalpin. Vom sommerlich warmen Tal bis zum Gipfel mit seinen Almweiden überwand man fast 1.300 Höhenmeter. Die Abfahrt über enge serpentinenreiche Gebirgsstraßen, durch Tunnel und Felseinschnitte war atemberaubend. Bald folgte der Col du Soulor (1.474 m) mit einer weiteren langen Talabfahrt, die mühsam erradelte Höhenmeter kostete.

Verpflegung unterwegs
In Argelez, einem schönen Thermalort mit südlichem Flair trafen wir Thomas mit dem notdürftig reparierten Begleitfahrzeug. Es war ein gewisser Trost für den folgenden schweren Anstieg nach Luz St Sauveur und zum Tourmalet. Das Thermometer zeigte inzwischen 35° und die Steigung zog und zog sich. Beim eigentlichen Einstieg in den Pass zeigte das obligatorische Schild noch 18 km bis zur Passhöhe. Eine kleine Dusche an einem der vielen Wasserfälle linderte die Hitze etwas. Die Straße hatte nur wenige Serpentinen und nach der Waldgrenze kam ein unangenehmer Gegenwind auf. Grandiose Blicke auf die hohen Pyrenäen entschädigten für die Mühen. Nur die französischen Skiorte darf man nicht allzu genau ansehen. Sie sind ausgesprochene Bausünden! Ich traf noch Michael in seinem Alb-Extrem Trikot und fuhr mit ihm zusammen weiter. Der Tourmalet ist 2.115 m hoch. Man muss 1.560 Höhenmeter überwinden. Er wird im Norden vom Pic du Midi de Bigorre (2.872 m) und im Süden nahe der spanischen Grenze vom Pic Long (3.192 m) flankiert. Die Abfahrt auf guten Straßen führte uns dann direkt zum Hotel in St. Marie de Campan.

3. Tag, Mittwoch, 06.09.2006: St. Marie de Campan – Massat (185 km, 3.050 Höhenmeter)

Dort war erstmal der Dukato wieder kaputt und musste abgeschleppt werden. Das bedeutete, dass am nächsten Tag auch die etwas angeschlagenen Kameraden die Strecke komplett zurücklegen mussten. Die begann gleich mit dem Col d´Aspin (1.489 m), einem sehr schönen und angenehmen Pass (vielleicht nur weil es morgens war) und führte über ein herrliches Hochtal vorbei an Pferde-, Kuh- und Schafweiden über Arreau zum Col de Peyresurd, einem weiteren Tour de France Klassiker mit 1.569 m Höhe. Inzwischen kannten wir schon einige Streckenbegleiter wie die Feuerwehr Essex, Amerikaner, ein niederländisches Team und unzählige Franzosen, mit denen wir uns auch kleine Rennen lieferten. Im Tal überraschten immer wieder südlich anmutende Städtchen mit Thermalquellen und üppiger Pflanzenpracht wie z.B. Bagnares de Luchon. In rasendem Tempo und gestärkt durch ein gutes Mittagsvesper fuhren wir über den Col des Ares (797m – Bergzeitfahren) und den Col de Buret (599 m) so schnell zu Col de Portet dÁspet, dass ich unfreiwillig eine Abfahrt verpasste und eine Kür von über zehn Kilometer bergab und wieder bergauf einlegen musste. Der Aspet ist nur 10 km lang, dafür aber in der Mitte gnadenlos steil - einige schoben das Rad. Dort ist auch die Stelle, an der 1995 Fabio Casartelli, der Olympiasieger 1992 und Teamkollege von Lance Armstrong, tödlich verunglückte. Auf der Passhöhe drohte ein Gewitter, so dass alle schnell wieder ins Tal fuhren. Hermann fuhr mit mir die etwa 60 km zum Hotel nach Massat.

Palmen und Berge

4. Tag, Donnerstag, 07.09.2006: Massat – Prades (170 km, 3.100 Höhenmeter)

Gut geschlafen und gut gegessen bemerkte man nach Massat den Col de Cougnous mit 947 m kaum. Waldwiesen voll mit bunten Blumen und ein grandioser Ausblick zu den Hohen Pyrenäen macht die Radfahrt zum puren Genuss. Etwas mehr verlangte der Col de Port (1.250 m) auch ein sehr schöner Pass. In Tarascon fanden sich überall Hinweise auf die berühmten Höhlenmalereien und Ax les Thermes war wieder ein schöner Thermalbadeort. Ab dann ging es bergauf, leider auf einer sehr stark befahrenen Strasse Richtung Andorra. Erst unmerklich, dann immer steiler und unangenehmer und lange nicht enden wollende 50 km bis der Col de Puymorent mit 1.920 m und fast 1.400 hm erreicht war. Über ein Hochtal und die Pässe Col de Llous, Col Rigat und Col de la Perche (1.579 m ) erreichten wir den Mont Lois, eine sehr große Festungsanlage. Um uns herum sah man ein gewaltiges Gebirgspanorama und bekannte Skigebiete wie Pyrenäes 2000 und Exe mit dem Puigmal (2.913 m) und dem Pic Carlit (2.921 m). Eine 30 km lange berauschende Abfahrt durch die wilde felsenreiche Schlucht des Tarn führte an schönen alten Orten wie z.B. Villefrance de-Conflent vorbei in südliche und sehr warme Weingegenden des Rousillion nach Prades.

Blick in den Abgrund

5. Tag, Freitag, 08.09.2006: Prades – Cerbére (92 km, 500 Höhenmeter)

Der letzte Tag des Raid war Flachetappe. Das Mittelmeer rückte immer näher. Wir fuhren wegen der komplizierten Strecke zusammen und sahen bei Argeles zum ersten Mal das Mittelmeer. Eine herrliche kurven- und aussichtsreiche Küstenfahrt folgte. Die Badeorte waren sehr schön und sehr belebt. Nach 90 km war mit Cerbére, einem kleinen Hafen an der spanischen Grenze, unser Ziel erreicht. Mit Glückwünschen, Champagner und einem Bad im Meer endete der Raid Pyreneen.

Am Ziel am Mittelmeer

6. Tag, Samstag, 09.09.2006: Mont Ventoux (123 km, 2.100 Höhenmeter)

Und doch nicht. Es gab noch einen Zuschlag …

Zugabe Mont Ventoux
Nachmittags auf der überfüllten Autobahn fuhren wir mit dem Volvo und dem wieder reparierten Dukato nach Carpentras in der Provence. Dort wartete die Radfahrerlegende unter den Bergen – der Mount Ventoux! Die Anfahrt am nächsten Tag erstreckte sich über 20 km, bevor bei Bédoin die eigentliche 18 km lange Auffahrt zum 1.912 hohen „sanften Riesen“ der Provence begann. Unzählige Fahrradfahrer bewältigten in unterschiedlichen Geschwindigkeiten die teilweise sehr steile Strecke. Ab dem Chalet Reynard auf 1.405 m Höhe wird die Vegetation immer spärlicher und geht auf den letzten Kilometern in ein weißes Kalksteinmeer über. Von weitem sieht es aus als hätte der Berg das ganze Jahr eine Schneekuppe. Rückenwind machte die Auffahrt ganz angenehm. Obwohl man das Observatorium auf dem Gipfel immer recht nahe sieht, scheint die Straße mit ihren langen Serpentinen kein Ende zu nehmen. Ich strengte mich nur mäßig an und fotografierte viel und genoss diese letzte Bergfahrt ausgiebig.

Gipfelstürmer Klaus Maier
Nach den Fotos auf dem windigen Gipfel fuhr ein Teil unserer Gruppe den Südanstieg wieder zurück, hinunter Richtung Osten nach Sault einem malerischen Bergstädtchen. Zwischen Lavendelfeldern stärkten wir uns dort mit Spagetti und traten den Rückweg durch die grandiose Schlucht Gorges de la Nesque über Vilas, Mazan nach Carpentras an. Nie habe ich mit dem Rad eine schönere Strasse befahren als diese unvergesslichen 40 km durch die Nesque Schlucht, ein wirklich krönender Abschluss dieser schönen Reise!

Abfahrt durch die Nesque Schlucht

Rückreise, Sonntag, 10.09.2006:

Insgesamt 941 Kilometer und ca. 15.000 Höhenmeter.
Klaus Maier
Heubach

Höhenprofil


Gesamt-Höhenprofil (www.velotravel.de)

Karte

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